ich glaub ich bin da auf was gestoßen

ich glaub ich bin da auf was gestoßen

Heute Morgen kam mir ein Gedanke, der als eventuelles Resultat von Überlegungen der letzten Tage her rührt. Jedes Mal, wenn sowas passiert ist das wunderschön. Es zeigt mir, dass ich meine Antworten nicht parat haben muss und es auch nicht kann. Es zeigt mir, dass Dinge kommen, wenn es Zeit für sie ist und es gibt mir Vertrauen. Vertrauen darin, dass die Antworten am Ende des Tages doch irgendwie in mir schlummern. Ich muss dem Prozess bloß vertrauen, geduldig sein und was ich brauche wird sich vor mir ergeben.


In den letzten Tagen wurde ich von altbekannten Freunden besucht. Sie fragen sich seit Jahren: was ist genug und wann ist genug?

Wir kennen uns inzwischen gut doch finden meist bloß in Hektik zueinander. So war kaum Zeit für ein ehrliches Gespräch, in dem man sich kennen- und verstehen lernt. Doch nun, dass ich hier bin, im Kloster, bin ich nach langer Zeit mal wieder umwogen von Beständigkeit. Ein langsames Leben und ein achtsames Tun sind hier möglich, sind hier Fokus. Selbst, wenn sie mich nicht täglich begleiten würden, würde das Praktizieren ihrer durch andere wahrscheinlich auf mich abfärben. Kaum zu fassen, der Wert eines Ortes, der einem sowas bietet.


das ist genug

heute

Wie kann irgendwas je genug sein, wenn ich es nicht als das erkenne?

Wenn ich es nicht selbst sehe, nicht als meine Wahrheit erkenne - wie soll ich dann jemals fühlen und finden, was genug ist?

So werde ich mich immer fühlen, als wäre das, was ich tue nicht ausreichend, wenn es das für mich selber nicht ist.

Doch wie ändere ich mein Gedankengerüst? Ich glaube, die Verantwortung liegt wie immer bei mir selbst. Die Erkenntnis darüber macht alles leicht und gleichzeitig zur Herkules Aufgabe.

  • Es mag das unaufhörliche Streben nach Mehr sein, was mich wie ein Kaninchen mit einer Karotte vor der Nase durch das Leben laufen lässt. Das ich das tue, aber vor allem, dass es nicht gesund ist das zu tun, darauf hat mich die Nonne der Bibliothek am ersten Tag meines Aufenthalts hier im Kloster hingewiesen. Das sie das tat, daran habe ich mich erst heute wieder erinnert. Wunderschön, wie alles irgendwann doch wieder zusammenkommt. Es war der Print auf meinem Shirt, der sie darauf brachte: eine Hand, zur Faust erhoben und eine Sonnenblume haltend. Sie bricht durch 5 Felsen hindurch und oben steht die Sonnenblume - unversehrt und strahlend. Die Nonne sagte, dieses Bild steht für Leichtigkeit und ein genügsames Leben. Wie hängen die Beiden zusammen?

Genügsam... nicht nach mehr strebend. Liegt darin das Geheimnis?

Ich weiß, dass es nicht darum geht die eine Sache zu finden und dann nie wieder einen Finger zu krümmen. Nicht darum, mich auf eine Sache festzulegen und nie wieder meine Gedanken zu explorieren. Doch gleichzeitig tue ich genau das. Ich lebe und lebe mit dem stetigen Gedanken als meinen Begleiter, der mich fragt: is that it?

Egal wohin ich gehe ist mein Sein von dieser Frage umhüllt.

Doch wäre ich genügsam, würde ich nicht nach mehr streben. Bin ich genügsam, dann bin ich im gegenwärtigen Moment verwurzelt, dann will ich gar nicht mehr.


Bei dem Versuch Genügsamkeit in mein Tun zu integrieren bemerke ich, dass es mich aufmerksamer macht. Ich will zufrieden sein mit dem „wenigen“ was mir zur Verfügung steht und schenke so dem kleinen Detail mehr Beachtung. Daraus entwickelt sich Dankbarkeit und Wertschätzung.

So versuche ich nun beim ersten Bissen meines Mittagessen nicht schon an einen Nachschlag zu denken. Ich will zufrieden sein mit dem, was auf meinem Teller liegt. So weit, so gut.


morgen

Wo steht das, was ich tue im Verhältnis zum Rest meines Lebens?

Ist, was ich grad tue das Richtige, ist es das Beste, bringt es mich am Weitesten?

All diese Gedanken beruhen auf dem tief verwurzelten Glaubenssatz, dass da noch mehr kommen muss. Das es das noch nicht gewesen ist und, dass ich weiter suchen muss nach dem einen Ding, was mich wirklich erfüllt, was wirklich Bedeutung hat.

Und obwohl was ist und was war natürlich noch nicht alles ist, ist es doch ne ganze Menge. Allzu oft kann ich das nicht sehen.

Die Magie des Jetzt zerfließt in meinen Händen. Ich schätze sie nicht wert, denn mein Kopf wartet auf was noch größeres. Damit rutscht mir der Moment förmlich durch die Finger. Wann erkenne ich, dass was ich jeden Tag tue das Material ist, aus dem Bedeutung entsteht?

Kein Moment passiert abgekapselt vom Rest. Das gehört alles zusammen. Das ist alles miteinander verwoben. Doch die Art und Weise, wie das alles verknüpft ist werde ich von hier aus nie sehen können. Da ist es doch sinnvoller, aufzuhören, verzweifelt Punkte miteinander zu verbinden, und stattdessen damit anzufangen, dem gegenwärtigen Moment die gebührende Bedeutung beizumessen.


was ist bedeutung

Und genauso, wie ich dem nächstbesten Ding hinterherlaufe und so das Genug nie finde, werde ich auch die Bedeutung nicht finden, in dem ich nach ihr jage.

Eine der Nonnen sagte beiläufig in einem Gespräch vor ein paar Tagen: "Bedeutung ist nichts, was sich finden lässt. Wir müssen Dingen Bedeutung geben, damit sie zum Vorschein kommt."

Das habe ich bisher nie bedacht, doch die Bedeutung von Dingen wird sich nicht einfach vor mir auftun. Sie wartet auch nicht darauf von mir gefunden zu werden. Nein, es ist an mir, die Dinge, aus denen das Leben besteht, mit Bedeutung zu füllen.

Etwas kann an sich nur Bedeutung in sich tragen, wenn ich es Bedeutung gebe. Dies geschieht nicht über Nacht und nicht im Vorbeilaufen. Es sind die Gegenteile dieser Dinge. Es ist Zeit, die man Etwas widmet und die Hingabe, die Achtsamkeit für es. Nur in der Tiefe findet sich die Besonderheit. An der Oberfläche ist alles gleich. In der Tiefe zeigt sich das Wunder und die Einzigartigkeit. Stell dir nur das Meer vor, oder stell dir einen Menschen vor, den du kennenlernst, oder einen Ort. Es macht Sinn. Auch macht es Sinn, dass es uns und der Bedeutung so schwer fällt, zueinander zu finden. Unsere Erde dreht sich viel zu schnell. Mit dem Tempo des Lebens können wir nicht mithalten, auch wenn wir das denken. Eine der Nonnen sagte gestern zu uns: "Wer zu schnell fährt, der sieht die schöne Umgebung nicht, durch die er fährt."
In dem wir von Ding zu Ding eilen bleibt kaum Zeit um über seinen Rahmen hinauszugucken. In einer Welt so vieler Möglichkeiten geht das Detail verloren. Wir werden schlicht überrollt von Möglichkeiten. Wie soll man sich da schon etwas langfristig widmen?

Drachen steigen

genügsamkeit

Ich sitze hier und denke, ich brauch gar nicht mehr.
Ich sitze hier, fühle den Wind sanft um meine Arme, um mein Gesicht streifen und denke, ich brauch gar nicht mehr.
Ich sitze hier, mein Blick liegt ruhig auf den sich wiegenden Bäumen. Ich brauch gar nicht mehr.

Doch verlasse ich diesen Ort, verlässt mich auch diese Wahrheit.
Verlasse ich diesen Ort werde ich diese Realität vielleicht für immer hinter mir lassen.
Dort draußen in der Welt, da komme ich hiermit nicht weit.

Könnt ich mich nur von deinen Blättern ernähren,
Wär' es mir bloß genug unter deinen Ästen zu schlafen -
Ich will doch nur, dass es einfach ist.

Doch was heute wahr, ist morgen vielleicht schon vergessen.
Das Gute von heute ist vielleicht der Schrecken von morgen.
Nicht viel zu brauchen,
nicht viel zu wollen -
schwer in dieser Welt.

So ist es nie genug und doch immer zu viel.
So brauch ich nichts und will so viel.
So viel erreichen, so viel sehen,
Ich will so viel werden, so weit gehen.


die ganze welt in einem korn reis

ruhe

Ein Blatt fällt und es schaukelt,
von links nach rechts,
von oben und unten
und ich erkenne,
trotz up and down -
es kommt doch irgendwann an.

Es bleibt immer in Bewegung,
bleibt in Balance.
Ja es fällt nicht, es segelt.
In ganzer Ruhe,
vollkommener Schönheit.

Es gibt sich hin
dem Wind und seiner Unstetigkeit.
Kann ich das auch?
Vielleicht sollt ich das auch.


In diesen Zeiten am Leben zu sein, zu dieser Zeit aufzuwachsen, Orientierung zu finden - das ist der größte Balanceakt.

Es ist zu verstehen, dass alles möglich ist und gleichzeitig nur ein Bruchteil dessen.
Es ist damit klarzukommen, dass jede einzelne Stimme Gewicht hat, während man gleichzeitig täglich in der Masse verschwindet.
Es ist zu wissen, dass die Welt in Flammen steht, doch dass man sie nicht löschen kann, wenn man selbst im Feuer untergeht.

Die Liste könnte endlos weitergeführt werden, doch jeder versteht worum es geht, auch ohne. Mehr denn je werden wir dazu aufgefordert den Mittelweg zu finden.

So frage ich mich: was macht Sinn?

Wenn ich Bedeutung nicht finden kann-
wie weiß ich, für wen oder was es sich lohnt das Wagnis einzugehen, mich hinzugeben und Bedeutung wachsen zu lassen?
Was macht Sinn?
Was ist möglich?
Darin liegt ein Unterschied.
Wie rar sind doch die Momente von Ruhe und Genuss.

Es macht Sinn, das Leben zu leben und Freude zu empfinden.
Es macht Sinn, Menschen zu helfen. Allen von ihnen.
Es macht Sinn zu geben, auch, wenn ich nichts bekomme.

Kunst macht Sinn.
Lernen macht Sinn.
Liebe macht Sinn.


Ich will endlich loslassen, denn ich weiß, dass am Ende des Tages das bleibt, was bleiben soll. Bin ich aufmerksam, genügsam und geduldig, dann kann nichts schief gehen. Ich ernte, was ich sähe. Mein Leben ist ein Garten und ich will die Aussicht genießen.

beim kellnern im kloster