sei bitte wer du bist

gestern hatte ich ein wunderbares gespräch mit einer freundin von hier. ich realisiere, dass worte in jeder form meine luft zum atmen sind. sie sind, wie ich liebe zeige, empfange und weitergebe. wie ich beziehungen aufbaue und am leben halte. Worte - die ausgesprochenen und die unausgesprochenen.
In meinem letzten post habe ich über unsere innere natur gesprochen. darüber, dass wir manche unserer attribute wohl ändern können, doch die natur unserer person nicht.

wo ich bin
derzeit befinde ich mich auf siquijor, einer kleinen insel im zentralen teil der philippinen. hier ist es immer warm und immer sonnig. es ist auch warm, wenn es nicht sonnig ist und auch, wenn die sonne sich für den tag verabschiedet hat.
hier fahre ich mit meinem scooter überall dort hin, wo ich will. ich fahre in den dschungel und ans meer, fahre schnorcheln und einkaufen. oft habe ich menschen hinten drauf und ich genieß das sehr.
ich bin hier freiwillige in einem hostel. es ist ein Workaway, doch es ist anders von allen vorherigen. ich male, das ist meine arbeit und ich nehme an workshops teil. yoga, meditation, schreiben, schwimmen, volleyball, game night. das ist meine arbeit. ich zahle dafür, doch das ist, wenn man es sich vor augen führt, mehr als okay.
Geld verdienen tue ich derzeit keines, doch damit bin ich erstaunlich okay. wir sind hier alle nicht sehr besorgt um geld. irgendwie wird das schon und wenn nicht geht davon die welt auch nicht unter.
jede Woche verschiebe ich mein Abreisedatum weiter nach hinten, weil es immer schöner wird, weil ich es immer mehr genieße. das leben hier ist gut. warum gehen von einem Ort, an dem es mir gut geht, richtig?

meine Währung
wie gesagt, viel Geld kommt derzeit nicht rein. doch viel liebe, die kommt rein. reichlich liebe und noch mehr lachen. ja ich habe ehrlichen spaß und lache von herzen, jeden tag. wann das das letzte mal der fall war, ich weiß es nicht.
ein Ort mit so vielen menschen, mit jeden tag neuen menschen, alle lieb, alle irgendwo ehrlich - das gibt viel möglichkeit ein guter mensch zu sein. Viel möglichkeit mein erlerntes in die tat umzusetzen. ich muss die möglichkeiten nur sehen und ergreifen.
dass ich denke, ich sei weniger wert, sei weniger cool, weniger liebenswert, weil ich oft die person bin, die stiller ist, dass sitzt immer noch tief. dieses gefühl hat mich schon immer begleitet. verrückt, wie manche dinge bei dir bleiben auch, wenn du vielleicht Monate nicht an sie gedacht hast.
gestern hatte ich dieses wunderbare gespräch mit einer freundin hier. sie hat mich nicht nur daran erinnert, nein sie hat mir vor augen geführt und gezeigt, dass ich genau gut bin, wie ich bin und nicht anders sein darf.
ich meine das in keiner weise limitierend. ich meine das auf die befreiendste art und weise die es gibt.

ich und niemand anders
etwas, dass wir alle wissen.
doch zu welchem grad wissen wir es und zu welchem verkörpern wir es, leben es in jedem moment?
ich zu sein und niemand anders kommt mit der mammutaufgabe mich in jeder Hinsicht meines seins zu akzeptieren. Mich bedingungslos hinzunehmen, für mich einzustehen, mich zu priorisieren. wenn es leicht ist genauso, wie wenn es schwer ist. beides ist auf seine art leicht und schwer.
was fällt dir schwer an dir selbst hinzunehmen?
ist es mehr etwas an deinem äußeren oder liegt es in deinen tiefen?
liegt es seit immer vergraben oder wurdest du erst neulich drauf aufmerksam gemacht, dass es da ist?
ich für meinen teil muss hinnehmen, dass meine ruhe, meine stille, meine zurückhaltung, keine schwäche ist, nichts schlechtes, kein Ausschlusskriterium.
warum sehen wir den wert aller, sehen ihn selbst in den urkomischsten Eigenheiten mancher, doch nicht in uns?
"Wir brauchen Menschen, wie dich."
diese worte habe ich in den letzten Wochen nun öfter gehört. es ist das erste mal, dass ich sie je empfangen habe und ihre wirkung ist so heilend.
werde ich irgendwann von der überzeugung loslassen, dass die lauten und schönen besser sind? besser, als ich?
ich hoffe es und weiß gleichzeitig, dass es ein langer weg ist. ein langer weg, dessen jeder schritt aus übung besteht. bei dessen jeden schritt ich zu mir zurückkommen muss, damit ich irgendwann bei mir ankomme. mich dann sehe in all meiner blüte, strahlend, wie nie zuvor.
manchmal blitzt die erkenntnis durch und dann nimmt sie mir all meinen Zweifel. dass ich gut bin und mehr als das, so, wie ich bin. dass ich nie wieder irgendjemanden beeindrucken muss, keinen eindruck hinterlassen muss, mich nie mehr sorgen muss, was andere denken. es kommt mit der wachsenden erkenntnis, dass das hier alles am ende des tages völlig egal ist und ein jeder sowieso nur an sich denkt. auf die befreiendste aller arten.
ein löwe getarnt in einer herde voller schafe. diese metapher zeigte mir meine freundin hier. es ist mein weg, den ich gehe.
keinen anderen weg darf ich gehen. alleine darf ich ihn gehen. ich brauche da auf niemanden acht geben, es geht nur um mich. auf die befreiendste art und weise und in keiner weise egoistisch.
mein wohl und dein wohl werden immer den gleichen wert haben. doch ich will mich für keinen mehr verkrümmen. will für niemanden da draußen mehr mein licht dimmen.
mein licht bewahren, es weitergeben. dafür bin ich hier.
